Casablanca

Sfenj in Casablanca, marokkanische Hefekringel

Casablanca, weißes Haus. In der Tat, das Casablanca meiner Kindheit besteht aus mittelhohen drei- bis vierstöckigen weißen Häusern mit Flachdächern, von denen man über den jeweiligen Bezirk blicken konnte. Heute erstrecken sich im modernistischen Stil über die ganze Stadt verteilt, bis hin zur Strandpromenade, keine besonders schönen Hochhäuser und Einkaufszentren. Es ist laut und staubig und für Marokko außergewöhnlich schnell. Einen kleineren Kern bildet die Innenstadt im alten Baustil und hier und da sieht man aus Kolonialzeiten Jugendstil-Häuser, meist in renovierungsbedürftigem Zustand.

Ein großer Teil der insgesamt neun Geschwister meiner Großmutter leben in dieser, noch immer von Nostalgie besetzten, Stadt. Auch die Familie meines Großvaters stammt aus Casablanca. Wenn ich dort bin, besuche ich die Tanten und Onkels meiner Mutter. Und immer gibt es unglaublich viel zu Essen – typisch marokkanisch. Mehrgängige Menüs bis spät in die Nacht. Angefangen mit einem riesigen Salat, aber wenn man es genau wissen möchte, was da alles auf einen zukommt, muss man einfach die durchsichtigen Plastiktischdecken zählen, die sich in mehreren Schichten über den Esstisch legen – so viele Gänge wird es geben.

Das Casa meiner Kindheit ist entschleunigt: Familie, viele lustige, große, rothaarige Onkel und Tanten, deren Namen ich teilweise gar nicht kenne, Essen, lange Strandtage, Picknick im Wald – kein grüner, sondern eher ein gelber strohtrockener Wald – und die schönen, von großen Palmen gesäumten Gärten, die wie Oasen in der Stadt existieren.

Faszinierend waren für mich, wie jeden Tag in der Küche stundenlang der Teig für Brot geknetet wurde, mein riesiger Urgroßvater mit seinem langen weißen Bart, in seinem weißen Kleid, die Palmen-Promenaden und die Teezeremonien, in denen aus Silberkannen, aus einer relativ hohen Entfernung, der Tee in die Gläser gegossen wurde, so dass kleine Luftbläschen auf der Oberfläche entstanden. Und damit alles stimmig war, wurden schnell Sfenj (Schwinsch) besorgt, heiße in Fett gebratene Hefekringel, die vom Händler zum Transport an einem Band aufgefädelt wurden.